Gesamtgenomsequenzierung bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen
Die Europäische Union (EU) verfügt über ein robustes System für Lebensmittelsicherheit. Allerdings sind immer noch Lebensmittelverunreinigungen durch Mikroorganismen möglich. In unserer globalisierten Welt können kontaminierte Lebensmittel EU-weit gehandelt oder aus Ländern außerhalb der EU eingeführt werden. Wenn Menschen diese kontaminierten Lebensmittel konsumieren, können leichte bis schwere Infektionssymptome auftreten. Mithilfe der Kombination von Daten aus Fällen beim Menschen und aus dem Lebensmittelsektor können die EU-Agenturen feststellen, ob sich lokale und nationale Vorfälle unter Umständen zu größeren, länderübergreifenden Krankheitsausbrüchen entwickeln.
Die molekulare Typisierung Methode zur Identifizierung bestimmter Stämme von Organismen durch Untersuchung deren genetischen Materials. Wird häufig zur Charakterisierung von Bakterien oder Viren angewendet von Mikroben, auch bekannt als mikrobieller Fingerabdruck, ist eine Technik, mit der spezifische Stämme von Mikroorganismen durch die Analyse ihres genetischen Materials identifiziert werden. Diese Methode ist für verschiedene Anwendungen von wesentlicher Bedeutung, unter anderem für die Verfolgung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten, die Ermittlung der Quellen von Krankheitsausbrüchen und das Verständnis der genetischen Vielfalt mikrobieller Populationen.
Eine der fortschrittlichsten Methoden zur molekularen Typisierung ist die Gesamtgenomsequenzierung (Whole Genome Sequencing, WGS). Dieser Ansatz ermöglicht die detaillierte Charakterisierung mikrobieller Genome und hilft dabei, Gene zu identifizieren, die Krankheiten verursachen und zu Antibiotikaresistenzen führen können. Die Gesamtgenomsequenzierung hilft auch dabei, nachzuverfolgen, woher die Krankheitserreger kommen und wie sie sich ausbreiten, indem ihre Phylogenie Phylogenie oder Phylogenese bezeichnet die Evolutionsgeschichte von Organismen oder Genen und deren Beziehungen untereinander, in der Regel in einer baumähnlichen Struktur dargestellt. Bei der Gesamtgenomsequenzierung hilft die Phylogenie dabei, den Ursprung, die Ausbreitung und die genetische Entwicklung von Krankheitserregern nachzuvollziehen. rekonstruiert wird.
Dank der Gesamtgenomsequenzierung haben sich die Erkennung von Infektionsclustern, die Bestätigung der für Infektionen verantwortlichen Lebensmittelquellen und das Verständnis der genetischen Zusammensetzung von Krankheitserregern erheblich verbessert. Durch die Analyse und den Vergleich der genomischen Profile von Bakterien aus kontaminierten Lebensmitteln und infizierten Personen können Wissenschaftler Korrelationen zwischen den Infektionsquellen und menschlichen Fällen ermitteln und so die Grundlage für wirksamere Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit schaffen.
Meilensteine
2023
September
Gemeinsam mit der Inter-EURL Working Group on Next Generation Sequencing organisierte die EFSA die Konferenz „Science Meets Policy: Using Next Generation Sequencing to tackle foodborne threats”. Auf der Konferenz wurden Diskussionen über Methoden und Standards für den Datenaustausch angeregt und Aktionsbereiche zur Aufnahme Menge eines Stoffs (z.B. eines Nährstoff oder einer Chemikalie), der von einem Menschen oder einem Tier über die Nahrung aufgenommen wird in einen von den Interessenträgern konzipierten Fahrplan ermittelt, wobei auch rechtliche Hindernisse und Lösungen im Zusammenhang mit der Lebensmittelsicherheit angesprochen wurden.
2022
Juli
Auf Ersuchen der Europäischen Kommission richtet die EFSA eine Plattform für die Sammlung und Analyse von Whole Genome Sequencing (WGS)-Daten zu Salmonellen, Listeriamonocytogenes und Escherichiacoli in Lebensmitteln und Tieren ein. Die plattform ist für die zuständigen nationalen Organisationen im Bereich der Lebensmittelsicherheit zugänglich, die Daten aus der jährlichen Überwachung lebensmittelbedingter Krankheiten hochladen werden. Sie wird mit dem entsprechenden Datenerfassungssystem des ECDC zusammenarbeiten.
Die Plattform wird die Arbeit der EFSA und des ECDC bei der schnellen Bewertung von Krankheitsausbrüchen unterstützen und letztlich zum Schutz der europäischen Verbraucher beitragen
2019
Dezember
Experts evaluate the possible use of whole genome sequencing and metagenomics to investigate foodborne outbreaks, in source attribution analysis and microbiological risk assessment. They also analyse the advantages and limitations of next generation sequencing-based methodologies for characterising Salmonella and STEC and detecting antimicrobial resistance genes in bacteria.
Mai
Nach einem Ersuchen der Kommission bieten die EFSA und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) technische Unterstützung bei der Erhebung und Analyse von Daten, die mittels Gesamtgenomsequenzierung (Whole Genome Sequencing – WGS) erhalten wurden. Die Sachverständigen bewerten den Entwicklungsstand bereits vorhandener Tools und ermitteln die Bedürfnisse und Anforderungen, denen das gemeinsame EFSA-ECDC-Datenerhebungssystem gerecht werden muss.
Die Rolle der EFSA
Die EFSA spielt eine wichtige Rolle bei der Koordinierung der Erfassung von WGS-Daten zu lebensmittelbedingten bakteriellen Krankheitserregern und nutzt diese Daten gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zur Erstellung von Bewertungen lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche in mehreren Ländern (sogenannte Berichte zur schnellen Ausbruchbewertung – Rapid Outbreak Assessment- bzw. ROA-Berichte).
One Health WGS-System
Die EFSA und das ECDC haben das „One Health WGS-System“ (Eine Gesundheit-Gesamtgenomsequenzierungssystem) entwickelt, ein ausgefeiltes IT-Tool zur Sammlung und Analyse von Daten der Gesamtgenomsequenzierung aus den EU-Mitgliedstaaten. Dieses System ist seit Juli 2022 in Betrieb und sammelt und analysiert genomische Profile wichtiger bakterieller Krankheitserreger, die durch Lebensmittel übertragen werden, wie Listeria monocytogenes, Escherichia coli und Salmonella enterica.
In einem von der EFSA veröffentlichten Video wird dargestellt, wie WGS-Daten zur Bekämpfung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche verwendet werden, und es wird erläutert, wie das One Health WGS-System funktioniert.
Das System besteht aus zwei miteinander vernetzten Plattformen, von denen eine von der EFSA und die andere vom ECDC betrieben wird. Diese Plattformen erfassen auf unabhängige Weise Genomsequenzierungsdaten aus jedem Sektor (menschliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) und erstellen Profile für sektorübergreifende Analysen. Die Plattformen tauschen automatisch genomische Profile aus und erstellen kontinuierlich Berichte, die es den Wissenschaftlern der EFSA und des ECDC ermöglichen, potenzielle lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche umgehend zu erkennen und zu bewerten.
Das One Health WGS-System bietet mehrere Vorteile:
- Ermöglichung des Austauschs von WGS-Daten zwischen den Mitgliedstaaten und der EFSA und dem ECDC,
- Aufbau von Datenbanken mit genomischen Profilen von Human- und Lebensmittelisolaten, um Cluster zu erkennen und lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche zu identifizieren,
- Unterstützung von Echtzeit-Untersuchungen lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche in mehreren Ländern,
- Erleichterung einer sektorübergreifenden Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Lebensmittelsicherheit und der öffentlichen Gesundheit.
Die EFSA und das ECDC nutzen die im One Health WGS-System erfassten Informationen zusammen mit relevanten Daten zur Rückverfolgbarkeit Möglichkeit, den Weg eines Lebensmittels oder Inhaltsstoffs über alle Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs zurückzuverfolgen und epidemiologischen Evidenzen, um länderübergreifende lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche zu bewerten. Ziel der beiden Agenturen ist es, die Quellen solcher Ausbrüche zu ermitteln und insbesondere das übertragende Lebensmittel genau zu bestimmen.
Die Regeln für die Verwendung von Daten, die in den mit dem One Health WGS-System verknüpften Datenbanken der EFSA und des ECDC gespeichert sind, enthält die Kooperationsvereinbarung zwischen der EFSA und dem ECDC.
Gewährleistung eines sicheren und effektiven Datenaustauschs
Das WGS-System ist so konzipiert, dass es einen sicheren, effizienten und flexiblen Datenaustausch ermöglicht und gleichzeitig die nationalen Prioritäten berücksichtigt und das Vertrauen der Interessenträger gewährleistet. Das System basiert auf folgenden Grundsätzen:
- Der Datenaustausch erfolgt in einer sicheren Umgebung, die die Vertraulichkeit und Integrität der Daten gewährleistet.
- Die Länder behalten das vollständige Eigentum an ihren Daten, und das System garantiert deren Kontrolle und verantwortungsvolle Nutzung.
- Das Tool trägt den EU-bezogenen Komplexitäten Rechnung, indem es jedem Land ermöglicht, Datenanbieter entsprechend seinen nationalen Prioritäten zu benennen.
- Das Tool unterstützt die nationalen Implementierungsprozesse für eine nahtlose Integration in die nationalen Systeme und bietet gleichzeitig ein intuitives Portal für technisch nicht versierte Nutzer.
- Die Sichtbarkeit der Daten ist so konzipiert, dass länderspezifische Informationen geschützt werden, ohne die Wirksamkeit Besagt, wie gut etwas in Bezug auf vordefinierte Standards oder Erwartungen wirkt des Datenaustauschs zu beeinträchtigen.
Der dargelegte Ansatz zielt darauf ab, Vertrauen zwischen den Interessenträgern aufzubauen, eine wirksame Zusammenarbeit zu fördern und den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu verbessern. Damit werden die nationalen Strategien an die umfassenderen Ziele der EU angeglichen, um wirksamere und besser koordinierte Ergebnisse in allen Mitgliedstaaten zu erzielen.
Weitere relevante Ressourcen:
- WGS system (Zugang beschränkt)
- Leitlinien für die Meldung von WGS-basierten Typisierungsdaten über das One Health WGS-System der EFSA
- Kooperationsvereinbarung über die Verwaltung und den Austausch von Daten zur molekularen Typisierung von Isolaten von Menschen, Lebensmitteln, Futtermitteln, Tieren und der zugehörigen Umwelt für Zwecke der öffentlichen Gesundheit
EU-Rechtsrahmen
- In derVerordnung (EU) 2025/179 sind die Verpflichtungen für die Erfassung und Übermittlung molekularer Analysedaten im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen festgelegt. Die Verordnung wurde am 31. Januar 2025 veröffentlicht und tritt am 23. August 2026 in Kraft.
- Die Richtlinie 2003/99/EG legt Vorschriften für die Überwachung und Meldung von Zoonosen und Zoonoseerregern fest und bildet die Rechtsgrundlage für die neuen Anforderungen an die Erfassung molekularer Analysedaten.
- FAQ Europäische Kommission FAQs zu WGS bei Untersuchungen von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen - Europäische Kommission
FAQ
EU-Agenturen: Zuständige Mitarbeitende der EFSA haben Zugang zur EFSA-Plattform, und zuständige Mitarbeitende des ECDC haben Zugang zur ECDC-Plattform.
Sektor der Lebensmittelsicherheit: Zugang zur EFSA-Plattform haben nur Datenanbieter und Länderbeauftragte, die von den Lebensmittelsicherheitsbehörden der meldenden Länder ernannt wurden.
Öffentliches Gesundheitswesen: Zugang zur ECDC-Plattform (d. h. EpiPulse, zu der die ECDC-Plattform als Teil des One Health WGS-Systems gehört) wird Nutzern gewährt, die von den nationalen Koordinatoren der EU-/EWR-Länder im Einklang mit der Strategie der koordinierenden zuständigen Stelle des ECDC benannt werden.
Das ECDC-System ermittelt „Cluster“ von Isolaten oder identifiziert „Ereignisse“ von Fällen beim Menschen; für jedes der identifizierten Cluster oder Ereignisse sendet das ECDC-System eine Anfrage an die EFSA-Plattform, um alle damit verknüpften relevanten Daten zu suchen (d. h. genomische allelische Bezieht sich auf Allele, d. h. verschiedene Versionen eines Gens, die sich an der gleichen Stelle auf einem Chromosom befinden. Profile, die aus den von Datenanbietern übermittelten Rohsequenzen generiert werden). Die EFSA-Plattform identifiziert dann Profile, die eng mit einem oder mehreren Mitgliedern des Clusters übereinstimmen, unter Verwendung von Schwellenwerten für den allelischen Abstand, die die EFSA und das ECDC gemeinsam festgelegt haben und regelmäßig überprüfen.
Das EFSA-System beantwortet Anfragen des ECDC-Systems, indem es ausschließlich genomische Profile (ausgenommen Rohsequenzen) zusammen mit anderen Typisierungsdaten und begrenzten Metadaten übermittelt. Die Metadaten umfassen das Jahr der Probenahme, das Land der Probenahme, das Land der Organisation und die Lebensmittelkategorie für alle gefundenen Übereinstimmungen.
Bei den gemeinsamen Bewertungen des ECDC und der EFSA zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in mehreren Ländern werden alle für die Untersuchung verfügbaren relevanten Informationen zwischen den beiden Agenturen ausgetauscht.
Die Mitarbeitenden der EFSA können auf alle Daten in der EFSA-Datenbank zugreifen, sie einsehen und vollumfänglich verwalten.
Datenanbieter können auf die Daten ihrer eigenen Organisation zugreifen, sie einsehen und vollumfänglich verwalten.
Länderbeauftragte können im Namen eines Datenanbieters auf die Daten aus ihrem eigenen Land zugreifen, sie einsehen und vollumfänglich verwalten.
Bei einer Abfrage haben Datenanbieter als auch Länderbeauftragte im Zusammenhang mit Daten, die nicht ihrer Organisation oder ihrem Land gehören, Zugriff auf folgende Informationen:
- Typisierungsinformationen (MLST, Serotyp, AMR-Profil, Pathotyp),
- Jahr der Probenahme (sofern verfügbar),
- Kategorie: entweder „Lebensmittel“ oder „Mensch“,
- Land: nur, wenn es mit dem Land des Nutzers übereinstimmt.
Es ist nicht möglich, Daten (Sequenzierungsdaten, Typisierungsdaten und andere Metadaten) aus dem System herunterzuladen, es sei denn, sie sind Eigentum des Datenanbieters der Organisation und werden von ihm übermittelt.
Es ist nicht möglich, die sektorübergreifende Analyse oder die Ergebnisse der Interaktionen zwischen den Datenbanken der EFSA und des ECDC herunterzuladen; die Nutzer können die Ergebnisse nur auf der EFSA-Plattform einsehen.
Sektorübergreifende Cluster werden den Nutzern des öffentlichen Gesundheitswesens in EpiPulse angezeigt.
luster können nur von Nutzern der beteiligten Länder (d. h. der Länder mit menschlichen Fällen im Cluster) eingesehen werden, es sei denn, der Fall wird vom ECDC zu einem Ereignis hochgestuft.
Die Nutzer in den Ländern können gemäß speziellen Regeln automatisch auf die Ergebnisse der vom ECDC-System durchgeführten Abfragen zugreifen; Daten zu Lebensmitteln, das Jahr der Probenahme, die Lebensmittelkategorie (z. B. Fisch und Fischereierzeugnisse) und das Land der Probenahme können nur von den beteiligten Ländern (d. h. Ländern mit Fällen im Cluster) eingesehen werden.
Lebensmitteldaten können von den Nutzern der ECDC-Plattform nicht heruntergeladen werden.
- Die Mitgliedstaaten sind die Eigentümer ihrer eigenen Daten in der EFSA-Plattform und können diese innerhalb des Systems verwalten.
- Sie können ihre Daten weitergeben, indem sie sie anderen Nutzern des Systems, einschließlich des ECDC-Systems, auf der Grundlage der in der Kooperationsvereinbarung zwischen der EFSA und dem ECDC beschriebenen Zugangs-, Prozess- und Sichtbarkeitsregeln zugänglich machen.
- Sie können ihre Daten bearbeiten, um Informationen zu korrigieren oder weitere Informationen aufzunehmen.
- Sie können ihre Daten jederzeit zurückziehen, sofern die Daten nicht von der EFSA gesperrt wurden, da sie in eine vom ECDC und der EFSA veröffentlichte gemeinsame Ausbruchbewertung aufgenommen wurden.
Das ECDC und die EFSA verwenden die im One Health WGS-System erfassten Daten, um sektorübergreifende Analysen (d. h. die Erkennung von gemeinsamen mikrobiologischen Clustern und Krankheitsausbrüchen und deren Untersuchung) für ihre gemeinsamen Bewertungen lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche und/oder zur Unterstützung von Untersuchungen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden lebensmittelbedingten Clustern, Krankheitsausbrüchen und Krisenereignissen durchzuführen.
Sofern das ECDC und die EFSA nicht ausdrücklich dazu autorisiert sind, müssen sie vor Veröffentlichung oder Übermittlung von Daten (ausgenommen Bewertungen lebensmittelbedingter Risiken für die öffentliche Gesundheit) oder für alle Vorgänge, durch die die Daten reproduziert oder verwendet werden, die Zustimmung der Datenanbieter einholen, welche für die Einholung der Genehmigung seitens der Dateneigentümer zuständig sind.