Mit Gutachten zu Lebensmittelenzym beginnt ein neues Kapitel der Tätigkeit der EFSA
Im Rahmen eines von Entscheidungsträgern der Europäischen Union erarbeiteten Plans zur Erstellung eines offiziellen Verzeichnisses zulässiger Lebensmittelenzyme hat die EFSA die erste Sicherheitsbewertung eines Lebensmittelenzyms abgeschlossen. Dieses wissenschaftliche Gutachten markiert den Beginn eines neuen, wichtigen Kapitels der Risikobewertungstätigkeit der Behörde, mit Hunderten von Bewertungen zu Lebensmittelenzymen, die in den nächsten Jahren folgen werden. Warum aber ist – angesichts der Tatsache, dass Enzyme schon seit langem bei der Lebensmittelerzeugung eingesetzt werden – die EFSA erst jetzt mit der systematischen Bewertung dieser Stoffe beauftragt worden? Dr. Fidel Toldra, Sachverständiger im Gremium der EFSA für Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Enzyme, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe (CEF), erläutert dies im Folgenden.

Dr. Fidel Toldra
Sachverständiges Mitglied des EFSA-Gremiums für Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Enzyme, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe (CEF)
Was sind Enzyme?
F.T.: Enzyme sind Eiweißmoleküle, die in allen Lebewesen vorkommen, auch im menschlichen Körper. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Lebensmittelverarbeitung, indem sie chemische Reaktionen gezielt beschleunigen.
Woher kommen Lebensmittelenzyme?
F.T.: Enzyme können aus Pflanzen und Tieren oder mittels Gärungsverfahren aus Mikroorganismen gewonnen werden. Sie werden bei der Herstellung von Lebensmitteln zur Erfüllung technologischer Funktionen eingesetzt, etwa zur Umwandlung von Stärke in Zucker bei der Bierproduktion oder zur Unterstützung der Bruchbereitung bei der Käseherstellung.
Warum beginnt die EFSA erst jetzt mit einer systematischen Bewertung von Enzymen?
F.T.: Im Jahr 2009 trat eine neue Rechtsvorschrift in Kraft, mit der die Verwendung von Lebensmittelenzymen EU-weit harmonisiert werden sollte. Bis dahin wurden Enzyme, die nicht als Zusatzstoffe in Lebensmitteln verwendet werden, nicht auf EU-Ebene geregelt. Frankreich und Dänemark waren die einzigen Mitgliedstaaten, die eine Bewertung dieser Enzyme verlangten, bevor sie als Verarbeitungshilfsstoffe bei der Lebensmittelherstellung eingesetzt wurden. Im EU-Recht wurde ein einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelenzyme, Lebensmittelaromen und Lebensmittelzusatzstoffe eingeführt.
Welche Enzyme fallen unter die Verordnung?
F.T.: Die Rechtsvorschriften sind auf Enzyme anzuwenden, die bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, dem Transport und der Lagerung von Lebensmitteln eine technologische Funktion erfüllen. Hierzu gehören Enzyme, die als Verarbeitungshilfsstoffe eingesetzt werden. Enzyme hingegen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind und etwa zu Ernährungszwecken zugegeben werden, fallen nicht unter die Verordnung.
Was bedeutet diese Verordnung in der Praxis?
F.T.: Ziel dieser Rechtsvorschrift ist es, ein EU-Verzeichnis von Lebensmittelenzymen zu erstellen. In einem ersten Schritt müssen Hersteller Anträge für die Zulassung neuer sowie bereits existierender Enzyme einreichen – einschließlich derer, die bereits von den zuständigen Behörden in Frankreich und Dänemark bewertet wurden. Für die Einreichung dieser Anträge hat die Europäische Kommission die Frist auf den 11. März 2015 gesetzt. Die EFSA wird auf Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen die Sicherheit dieser Lebensmittelenzyme bewerten, bevor sie von den EU-Entscheidungsträgern für eine Aufnahme Menge eines Stoffs (z.B. eines Nährstoff oder einer Chemikalie), der von einem Menschen oder einem Tier über die Nahrung aufgenommen wird in das Verzeichnis zugelassener Enzyme in Erwägung gezogen werden können.
Wie viele Anträge wird die EFSA bewerten müssen?
F.T.: Nach Gesprächen mit der Industrie und der Kommission schätzen wir, dass das CEF-Gremium der EFSA in den kommenden Jahren Sicherheitsbewertungen zu etwa 300 Lebensmittelenzym-Anträgen vornehmen wird.
Welche Daten müssen Antragsteller einreichen, um der EFSA die Durchführung einer Risikobewertung Spezialgebiet der angewandten Wissenschaften, in dem wissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet werden, um die mit bestimmten Gefahren einhergehenden Risiken zu beurteilen. Dies umfasst vier Schritte: Gefahrenidentifizierung, Gefahrencharakterisierung, Expositionsabschätzung und Risikocharakterisierung zu einem Enzym Protein, das eine bestimme Reaktion im Körper auslöst oder beschleunigt; beispielsweise unterstützen Enzyme im Verdauungssystem den Abbau von Lebensmitteln in Nährstoffe zu ermöglichen?
F.T.: Die EFSA hat Leitlinien mit ergänzenden Erläuterungen erarbeitet, denen zu entnehmen ist, welche Art Untergliederung der Gattung, eine Gruppe eng verwandter und ähnlicher aussehender Organismen; z.B. steht im Falle des Homo sapiens (Mensch) der zweite Teil des Namens (sapiens) für die Art von Daten und Studien von der Industrie bei Beantragung der Sicherheitsbewertung eines Lebensmittelenzyms vorzulegen sind. Hierzu gehören die Beschreibung der chemischen Zusammensetzung und Eigenschaften, der Anwendungen und Verwendungsmengen ebenso wie toxikologische Untersuchungen.
- Guidance of the Scientific Panel of Food Contact Material, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (CEF) on the Submission of a Dossier on Food Enzymes for Safety Evaluation [1]
- Explanatory Note for the Guidance of the Scientific Panel of Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (CEF) on the Submission of a Dossier on Food Enzymes
Können Enzymhersteller ihre existierenden Produkte während des laufenden Bewertungs- und Zulassungsverfahrens weiterhin vermarkten?
F.T.: Ja. Bis ein vollständiges EU-Verzeichnis erstellt ist, gelten weiterhin die aktuellen einzelstaatlichen Bestimmungen zur Verwendung und zum Inverkehrbringen von Lebensmittelenzymen. Die Erstellung des Verzeichnisses durch die Europäische Kommission wird in einem einzigen Schritt erfolgen, nachdem die EFSA Gutachten zu allen bis 2015 fristgerecht eingereichten Enzym-Anträgen vorgelegt hat.
Was können Sie uns über die Enzymbewertung erzählen, die von der EFSA veröffentlicht wurde?
F.T.: Der Antrag bezieht sich auf ein Lebensmittelenzym namens Xylanase. Dieses Enzym wird bei der Stärkeverarbeitung, der Destillation alkoholischer Getränke sowie bei Backvorgängen eingesetzt. Es wird durch Fermentation eines Aspergillus-oryzae-Stamms, der seit langem als verwendungssicher gilt, gewonnen. Aspergillus ist allerdings auch für die Erzeugung unerwünschter sekundärer Metaboliten, den Mykotoxinen, bekannt. Der für die Herstellung von Xylanase verwendete Aspergillus-Stamm wurde daher genetisch verändert, um die Bildung dieser unerwünschten Produkte zu verhindern bzw. zu vermindern. Die EFSA hat eine vollständige Risikobewertung – einschließlich einer Bewertung der Toxizität Potenzial eines Stoffs, einem lebenden Organismus zu schaden und Allergenität Fähigkeit, eine nicht normale Immunreaktion hervorzurufen, die bei einem Menschen zu einer allergischen Reaktion führt – durchgeführt und keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich der vorgeschlagenen Anwendungen und Verwendungsmengen festgestellt.
Wie können Interessengruppen mehr über die Arbeit der EFSA zu Lebensmittelenzymen erfahren?
F.T.: Die EFSA hält am 27. Mai 2014 eine ganztägige Informationsveranstaltung zu diesem Thema an ihrem Sitz im italienischen Parma ab. Interessenvertreter werden dort Gelegenheit haben, die wissenschaftlichen, regulatorischen und verfahrenstechnischen Anforderungen hinsichtlich der Anträge zu Lebensmittelenzymen mit Wissenschaftlern der Behörde zu besprechen. Die Anmeldefrist für diese Veranstaltung ist bereits abgelaufen; die Präsentationen des Tages werden jedoch kurz nach der Veranstaltung auf der EFSA-Website veröffentlicht werden.
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