Aktualisierung der Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: Arbeit nach 10 Jahren und 34 Nährstoffen beendet

Fresh salad with chicken, tomatoes and mixed greens

Die dieswöchige Veröffentlichung der Referenzwerte für die Zufuhr von Natrium und Chlorid markiert das Ende von zehn Jahren Arbeit der Ernährungswissenschaftler der EFSA. Die Arbeit wurde 2009 aufgenommen, nachdem die Europäische Kommission die EFSA ersucht hatte, die zuletzt in den 1990er Jahren festgelegten Werte für Makronährstoffe wie Proteine und Kohlenhydrate Gruppe von Nährstoffen, zu denen Zucker, Stärke und Ballaststoffe zählen sowie für alle Vitamine und Mineralstoffe zu aktualisieren.

Viele Wissenschaftler der EFSA haben im Laufe der Jahre zu dieser Errungenschaft beigetragen. Wir haben die Vorsitzenden und Koordinatorinnen zweier Arbeitsgruppen gebeten, uns mehr darüber zu erzählen: Monika Neuhäuser-Berthold und Céline Dumas (Vitamine) sowie Androniki „Ada“ Naska und Agnès de Sesmaisons-Lecarré (Mineralstoffe).

Was ist das Besondere an den zwei Referenzwerten für die Zufuhr von Natrium und Chlorid, die diese Woche veröffentlicht wurden?

Agnès de Sesmaisons-Lecarré

Agnès de Sesmaisons-Lecarré

Agnès:In westlichen Speisen kommen Natrium und Chlorid hauptsächlich in Salz vor; sie sind aber von Natur aus in den meisten Lebensmitteln enthalten. Der Körper benötigt diese Nährstoffe für lebenswichtige Funktionen. Bei übermäßigem Verzehr können sie jedoch Bluthochdruck verursachen, der einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt. Die Experten der EFSA kamen zu dem Schluss, dass 2 g Natrium pro Tag für einen Erwachsenen sowohl sicher als auch angemessen sind. Da die Aufnahmemengen bei Erwachsenen in Europa in der Regel höher sind, können Entscheidungsträger in der EU diesen Wert gegebenenfalls nutzen, um Ziele für eine Verringerung der Natriumaufnahme festzulegen.

Ada:Wir freuen uns sehr, dass nun auch die letzten beiden Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr Der vollständige Satz an Referenzwerten für die Aufnahme von Nährstoffen, der sich zusammensetzt aus: Referenzaufnahmemenge für die Bevölkerung (Population Reference Intake – PRI), Durchschnittsbedarf (Average Requirement – AR), angemessener Aufnahmemenge (Adequate Intake – AI), unterer Aufnahmeschwelle (Lower Threshold Intake – LTI) und Referenzaufnahme (Reference Intake – RI). DRV werden in der Regel als Basis für Referenzwerte in der Lebensmittelkennzeichnung und zur Erstellung von lebensmittelorientierten Ernährungsleitlinien herangezogen veröffentlicht sind. Natrium und Chlorid sind gute Beispiele dafür, wie schwierig es ist, Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr festzulegen, wenn es ein komplexes physiologisches Zusammenspiel zwischen mehreren Nährstoffen gibt. Bei den Überlegungen, welche Mengen dieser Nährstoffe notwendig, angemessen oder tolerierbar sind, handelt es sich um vielschichtige wissenschaftliche Fragen.

Was sind Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr?

Monika Neuhäuser-Berthold

Monika Neuhäuser-Berthold

Monika:Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (Dietary Reference Values – DRV) sind wissenschaftlich fundierte Referenzwerte für die tägliche Nährstoffaufnahme gesunder Populationen. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass es sich bei den DRVs nicht um Nährstoffziele oder -empfehlungen für Einzelpersonen handelt. Sie variieren je nach Lebensphase und Geschlecht. Eine unzureichende oder übermäßige Aufnahme Menge eines Stoffs (z.B. eines Nährstoff oder einer Chemikalie), der von einem Menschen oder einem Tier über die Nahrung aufgenommen wird von Nährstoffen ist mit einem erhöhten Krankheitsrisiko verbunden.

Agnès:In der Vergangenheit wurden DRVs entwickelt, um gegen Unterernährung vorzugehen, d. h. einen Mangel Fehlen eines notwendigen Faktors, beispielsweise in der Ernährung oder der Umwelt, das sich schädlich auf das Wachstum eines Organismus auswirkt an Kalorien und Mikronährstoffen aufgrund unzureichender Ernährung Die Ernährungswissenschaft befasst sich mit der Frage, wie Ernährung und lebensnotwendige Bedürfnisse des Körpers zusammenhängen. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir eine Zunahme ernährungsbedingter chronischer Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einiger Krebsarten beobachtet, wodurch sich der Schwerpunkt der Ernährungsforschung verlagert hat. Daher müssen wir heute bei der Festlegung von DRVs neue Arten von Daten berücksichtigen – etwa groß angelegte Populationsstudien –, um herauszufinden, welche Rolle die Nährstoffaufnahme und das Risiko von Erkrankungen spielen.

Androniki ‘Ada’ Naska

Androniki ‘Ada’ Naska

Wer verwendet die von der EFSA festgelegten Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr?

Céline:Viele Akteure! Politische Entscheidungsträger nutzen DRVs zur Festlegung lebensmittelorientierter Ernährungsleitlinien, die den Verbrauchern dabei helfen, gesunde Lebensmittel zu wählen. Risikomanager verwenden sie zur Festlegung von Referenzwerten in der Lebensmittelkennzeichnung, um Verbraucher über die Nährstoffzusammensetzung vorverpackter Lebensmittel zu informieren. Ernährungs- und Gesundheitsexperten verwenden sie bei der Ernährungsbewertung und der Ernährungsplanung. Lebensmittelhersteller und Ernährungsforscher verwenden sie bei der Produktformulierung.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Durchführung dieser Arbeit?

Ada:Die mit Abstand größte Herausforderung war die Abwägung der wissenschaftlichen Literatur. Bei Natrium beispielsweise sichteten wir systematisch die Literatur, bewerteten kritisch die in Frage kommenden Studien und führten dann eine „Meta-Analyse“ durch (ein statistisches Verfahren für die Zusammenführung von Daten aus mehreren Quellen). Die Modellbildung hat uns geholfen, die Dosis Gesamtmenge eines Stoffs (z.B. einer Chemikalie oder eines Nährstoffs), die einem einzelnen Organismus verabreicht bzw. von einem Organismus, einer Population oder einem Ökosystem aufgenommen bzw. absorbiert wird-Wirkungen zu ermitteln, die wir zur Festlegung der Referenzwerte benötigten. Für eine bessere Transparenz haben wir die Unsicherheiten in unseren Schlussfolgerungen weiter quantifiziert. Es handelte sich um einen umfassenden Prozess.

Wie werden Sie als Ernährungswissenschaftlerinnen auf dieser Erfahrung aufbauen?

Monika:Die Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse in einem interdisziplinären Umfeld war inspirierend und hat uns einen tiefen Einblick in das derzeit verfügbare Wissen für DRVs gegeben. Wir haben mehrere Datenlücken und Unsicherheiten ermittelt, die zu weiteren Forschungstätigkeiten an Hochschulen oder zu Diskussionen in nationalen Behörden oder auf wissenschaftlichen Konferenzen führen werden.

Wo sind die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr zu finden?

Celine:Wir haben im EFSA Journal eine Zusammenstellung aller wissenschaftlichen Gutachten der EFSA zu DRVs veröffentlicht und im vergangenen Jahr ein benutzerfreundliches interaktives Tool bereitgestellt: den DRV-Finder. Wir haben ihn gerade erst aktualisiert und die Werte für Natrium und Chlorid hinzugefügt. Der DRV-Finder kann nach Nährstoffen oder Zielpopulationen durchsucht werden. Fachleute können dort auf einfache Weise nützliche Definitionen nachschlagen, auf die entsprechenden wissenschaftlichen Gutachten der EFSA bzw. ihres Vorgängers (des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses) zugreifen oder ausgewählte Referenzwerte zur weiteren Verwendung exportieren. Das Tool ist in mehreren EU-Sprachen erhältlich, weitere werden folgen.

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