Wohlergehen von Pferden bei der Schlachtung
Haftungsausschluss
Die vorliegende Zusammenfassung in vereinfachter Sprache ist eine leicht verständlich abgefasste Mitteilung über den wissenschaftlichen Bericht Welfare of horses at slaughter (Wohlergehen von Pferden bei der Schlachtung) der EFSA. Den vollständigen wissenschaftlichen Bericht der EFSA finden Sie hier.
Zweck dieser Zusammenfassung in vereinfachter Sprache ist es, die Transparenz zu erhöhen und interessierte Kreise über die Arbeit der EFSA zu diesem Thema zu informieren, wobei eine leicht verständliche Sprache verwendet wird, um die wichtigsten Ergebnisse vorzustellen.
Hintergrund des wissenschaftlichen Gutachtens
- Um Tiere bei der Schlachtung zu schützen, verabschiedete die EU die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung. Diese Verordnung basierte auf wissenschaftlichen Gutachten der EFSA aus den Jahren 2004 und 2006. Die EFSA gab in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015 und 2017 ebenfalls Gutachten zu diesem Thema ab.
- In dem aktuellen Gutachten werden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Schlachtung von Pferden für den menschlichen Verzehr untersucht. Abgedeckt sind sowohl die Schlachtung in Schlachthöfen als auch die Schlachtung in landwirtschaftlichen Betrieben. Zudem werden durch das Gutachten frühere Empfehlungen der EFSA aktualisiert.
Worum wurde die EFSA ersucht?
Die Europäische Kommission forderte die EFSA auf, eine unabhängige Überprüfung der Pferdeschlachtverfahren und ihrer Auswirkungen auf das Wohlergehen vorzulegen, wobei der Schwerpunkt auf folgenden Aspekten liegen sollte:
- Ermittlung potenzieller Gefahren für das Wohlergehen und deren Ursachen, z. B. der Zustand der Anlagen, die Ausrüstung und die Personalpraktiken,
- Festlegung von Methoden zur Messung des Tierwohls („tierbezogene Indikatoren“),
- Vorschläge für Möglichkeiten zur Vermeidung und Bewältigung ermittelter Gefahren, einschließlich Anlagen- und Verfahrensänderungen,
- Identifizierung pferderassenspezifischer Risiken,
- Ermittlung inakzeptabler Schlachtverfahren oder -praktiken und Analyse ihrer Auswirkungen auf das Tierwohl.
Wie ist die EFSA bei ihrer Arbeit vorgegangen?
- Zur Bewertung des Wohlergehens von Pferden bei der Schlachtung hat die EFSA die wissenschaftliche Literatur gesichtet, Fachleute konsultiert und andere zuverlässige Informationsquellen zurate gezogen.
- Auf der Grundlage von Gesprächen mit Sachverständigen und Erkenntnissen aus der Literatur wurden abschließende Empfehlungen ausgearbeitet.
Welche Ergebnisse wurden erzielt und welche Auswirkungen hatten diese?
Jede Schlachtphase ist mit Gefahren verbunden, die sich auf das Wohlergehen der Tiere auswirken:
- Vor der Betäubung:
- Ankunft im Schlachthof: Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts (Geschwüre), Hitzestress, Verletzungen, Hunger, Durst, Atemschwierigkeiten, Unruhe, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Reizüberflutung;
- Entladung: handhabungsbedingter Stress, Hitzestress, Verletzungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Reizüberflutung;
- Wartebereich: Gruppenstress, Hitzestress, Verletzungen, Hunger, Durst, Unruhe, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Reizüberflutung, Trennungsstress;
- Handhabung und Verbringung in den Betäubungsbereich: handhabungsbedingter Stress, Verletzungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Reizüberflutung, Trennungsstress;
- Fixierung: Verletzungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Reizüberflutung.
- Betäuben und Entbluten: Verletzungen, Schmerzen, Angst (z. B. durch Fehlbetäubung oder Wiedererlangung des Bewusstseins).
Was waren die Unsicherheiten?
Die wichtigsten Quellen der Unsicherheit sind:
- Hohe Variabilität zwischen den Praktiken: Die Praktiken in den Schlachthöfen sind in den verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich. Dies bedeutet, dass die Ergebnisse einer bestimmten Studie möglicherweise nicht für andere Schlachthöfe, Regionen oder Länder gelten.
- Einschränkungen beim Studiendesign: Viele der vorhandenen Studien sind klein angelegt, haben Querschnittscharakter (Momentaufnahmen) und berücksichtigen nicht alle potenziellen Faktoren, die die Ergebnisse beeinflussen könnten. Außerdem variieren die Methoden zur Datenerhebung und -analyse häufig, was einen Vergleich der Ergebnisse verschiedener Studien erschwert.
- Ungewissheit der Schlussfolgerungen: Der Grad der Gewissheit der wichtigsten Ergebnisse, die potenziell Einfluss auf die Regulierung haben könnten, wurde sorgfältig untersucht.
Wie lauten die wichtigsten Empfehlungen?
Die wichtigsten Empfehlungen für die Politik und Lebensmittelunternehmen (z. B. Schlachthöfe) zur Verbesserung des Tierwohls und zur Gefahrenreduzierung bei der Schlachtung lauten wie folgt:
Vor der Betäubung:
Ankunft im Schlachthof:
- Hitzestress: Die Innentemperatur im Transportfahrzeug ist unter 25 °C zu halten. Wenn Pferde Anzeichen von Hitzestress zeigen, sind sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen, z. B. eine Pause im Schatten, eine bessere Belüftung oder (falls vorhanden) die Gabe von Wasser.
- Überfüllung: Eine Überbelegung des Transportfahrzeugs ist zu vermeiden. Beim Gruppentransport ist eine Tierdichte von höchstens 200 kg/m² und beim Einzeltransport ein Freiraum von mindestens 40 cm an jeder Seite des Tieres einzuhalten. Vertikal ist ein Mindestabstand von 75 cm vom Widerrist (höchster Teil des Rückens eines Pferdes) bis zur Decke einzuhalten. Bei Überfüllung sind die Tiere unverzüglich entladen und zu schlachten oder es ist für ausreichend Platz im Wartebereich zu sorgen.
Entladung:
- Sicherheit: Es sind Rampen mit mäßiger Neigung (maximal 20 Grad) und rutschsicherer Oberfläche (z. B. Querlatten, Stroh, Sand, Sägemehl) zu verwenden. Es ist ein seitlicher Fallschutz anzubringen.
- Stress-Reduktion: Es sind geschulte Pfedebetreuer einzusetzen, die sich mit dem Verhalten von Pferden auskennen.
Wartebereich:
- Platz und Komfort: Die Tierdichte in Sammelboxen darf 110 kg/m² nicht übersteigen. Einzelboxen sollten auf jeder Seite mindestens 40 cm Platz bieten und 40 cm länger sein als der Körper des Pferdes. Die Decke sollte mindestens 2,7 m hoch sein. Die Temperatur ist unter 25 °C zu halten. Es ist für gute Belüftung und Tränkwasser zu sorgen. Bei Wartezeiten von mehr als 12 Stunden sind Futter und geeignete Einstreu bereitzustellen.
- Soziales Wohlbefinden: Unverträgliche Tiere sind voneinander getrennt zu halten. Miteinander vertraute Pfedegruppen sind zusammen zu halten. Alternativ können die Pferde einzeln gehalten werden. Hengste sind getrennt zu halten. Stuten sind mit ihren Fohlen zu halten.
Handhabung und Verbringung in den Betäubungsbereich:
- Platz: Die Durchgänge für durchschnittlich große Pferde müssen mindestens 80 cm breit sein.
- Soziales Wohlbefinden: Zahme Pferde sind einzeln mit Halfter und Führstrick zu führen. Alternativ können die Tiere in kleinen, miteinander verträglichen Gruppen geführt werden, wobei darauf zu achten ist, dass sie sich stets gegenseitig sehen können. Halbwilde oder ungezähmte Pferde sind in kleinen Gruppen oder Paaren zu treiben.
- Stress-Reduktion: Schmerzhafte und angstmachende Methoden wie Elektrotreiber, Stöcke und Rufe/Brüllen dürfen nicht angewendet werden.
Fixieren:
- Zeitpunkt: Pferde dürfen erst unmittelbar vor der Betäubung fixiert werden.
- Sicherheit und Komfort: Es sind angemessen dimensionierte Betäubungsboxen mit sauberem, trockenem Boden zu verwenden.
- Betäubung
- Wirksame Betäubung: Die Betäubung erfolgt mittels penetrierender Bolzenschussbetäubung. Der Bolzen muss einen Durchmesser von min. 9 mm und eine Länge von min. 8 cm aufweisen. Die Bolzengeschwindigkeiten muss min. 55 m/s betragen. (die Bestätigung dieser Parameter für alle Pferderassen durch weitere Forschungsarbeiten steht noch aus). Die Ansatzstelle befindet sich 1 cm ober einer diagonalen Linie vom Auge zum gegenüberliegenden Ohransatz. Der Bolzen ist so anzusetzen, dass in Richtung des Hirnstammes geschossen wird. Die penetrierende Bolzenschussbetäubung kommt am häufigsten zum Einsatz. Sämtliche bewerteten Betäubungsmethoden waren mechanisch (penetrierender Bolzenschuss und Schusswaffen).
- Nachbeobachtung: Der nächste Schritt des Schlachtverfahrens kann erst beginnen, wenn Anzeichen einer erfolgreichen Betäubung beobachtet werden. Wenn Bewusstseinsanzeichen beobachtet werden, ist das Tier sofort nachzubetäuben oder eine Alternativmethode anzuwenden, damit der nächste Schritt beginnen kann. Abbildung 1 zeigt, wie der Bewusstseinszustand in drei Verfahrensschritten zu überwache ist (zwischen Betäubung und Aufhängen, zwischen dem Nackenschnitt oder Einstich und bei der Entblutung).

Abb. 1: Anzeichen für die Überwachung des Bewusstseins in den wichtigsten Phasen der Schlachtung. Der Prozess kann nur dann mit der nächsten Stufe fortgesetzt werden, wenn Anzeichen von Bewusstlosigkeit zu beobachten sind (grüne Kästchen). Werden in irgendeinem Stadium Bewusstseinsanzeichen (rote Kästchen) festgestellt, ist eine erneute Betäubung einzuleiten oder eine Ersatzmethode anzuwenden.
- Entblutung:
- Wirksame Tötung: Das Personal muss gut instruiert sein. Es sind lange, scharfe Entblutemesser zu verwenden.
- Leidbegrenzung: Zwischen Betäubung und Entbluteschnitt/-einstich dürfen nicht mehr als 60 Sekunden vergehen.
- Prüfung auf Lebenszeichen: Das Tier darf vor der Weiterverarbeitung keine Lebenszeichen zeigen.
- Unzulässige Praktiken:
- Sehr schmerzhafte Vorgehensweisen (z. B. Rückenmarkzerstörung oder Elektrotreiber) sind zu unterlassen.
Glossar
Apnoe: Vorübergehender Atemstillstand.
Lidschlussreflex: Der unwillkürliche Lidschluss (Blinzeln), wenn etwas das Auge berührt oder sich ihm nähert.
Bell-Phänomen: Ein unwillkürlicher Reflex, der bei geschlossenem Auge oder bei Bedrohung zur Aufwärtsrotation des Augapfels führt.
Tonischer Krampfanfall: Plötzliche Versteifung oder Verkrampfung der Bein- oder Rumpfmuskeln.
Nystagmus: Unwillkürliche, wiederholte oder rhythmisch verlaufende Bewegungen der Augen.
Referenzdokument
Welfare of horses at slaughter (Wohlergehen von Pferden bei der Schlachtung) DOI: https://doi.org/10.2903/j.efsa.2025.9178